
Vorsicht vor dem amerikanischen Rechtssystem
Wie können deutsche Unternehmen kostspielige Fehler im Umgang mit den Besonderheiten des amerikanischen Rechtssystems vermeiden?
Gastbeitrag von: Manny P. Schoenhuber – Advocaat
Achtung: Dieser Artikel stellt keine Rechtsberatung dar und ist auch kein juristisches Dokument.
Es kommt häufig vor, dass deutsche Unternehmen, die in die USA exportieren oder dort eine Niederlassung gründen, in rechtliche Schwierigkeiten geraten – sei es durch ein Geschworenenverfahren, ein Schiedsverfahren oder durch sogenannte punitive damages (Strafschadensersatz).
Daher ist es entscheidend, auf die Besonderheiten des US-Rechtssystems zu achten.
Wenn wir als Deutsche an ein US-Geschworenenverfahren denken, haben wir oft Bilder spektakulärer Strafprozesse im Kopf – oder den ehemaligen Präsidenten Donald Trump, der kürzlich vor einer Jury aus Laienrichtern in New York erscheinen musste. Doch auch ausländische Unternehmen, die in den USA in rechtliche Konflikte geraten, können sich plötzlich einer Jury aus amerikanischen Bürgerinnen und Bürgern gegenübersehen.
Dies ist nur einer von vielen wichtigen Unterschieden zwischen dem deutschen und dem amerikanischen Rechtssystem.
Besonders kleine und mittelständische Unternehmen, die oft keine eigene Rechtsabteilung mit internationaler Erfahrung haben, sind sich dieser Unterschiede selten bewusst. Die Annahme, dass ein kodifiziertes System wie das deutsche Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) auch in den USA Schutz bietet, ist ein gefährlicher Irrtum.
Das US-Recht basiert auf dem britischen Common Law – einem System, das sich weniger auf kodifizierte Gesetze stützt, sondern vielmehr auf frühere Gerichtsentscheidungen (Präzedenzfälle).
Gerade für deutsche Manager ist dieses Wissen von großer Bedeutung. Die USA sind ein zentraler Absatzmarkt für europäische Unternehmen. Laut Germany Trade and Invest (GTAI), dem Außenwirtschaftsportal der Bundesrepublik, sind die Vereinigten Staaten der wichtigste Exportmarkt und der drittgrößte Beschaffungsmarkt für den deutschen Außenhandel.
Die Zahlen sprechen für sich: Im Jahr 2023 wurde der Wert der niederländischen Exporte in die USA auf rund 32,8 Milliarden US-Dollar geschätzt. Ohne die aktive Beteiligung des Mittelstands wäre das kaum denkbar.
Die USA gelten als das Land der unbegrenzten Möglichkeiten – das gilt leider auch für rechtliche Fallstricke.
Rechts- und Justizsystem unterscheiden sich dort grundlegend von europäischen Strukturen. Während das deutsche Recht auf der französischen Code Civil basiert, orientieren sich die USA (mit Ausnahme von Louisiana) am Common Law. Das bedeutet: Im Mittelpunkt stehen vergangene Gerichtsurteile – das sogenannte Case Law.
Zudem ist das amerikanische Justizsystem stark fragmentiert: Es existieren zwei parallele Gerichtsbarkeiten – das föderale System (Federal Courts) und das der einzelnen Bundesstaaten (State Courts) – jeweils mit drei Instanzen. Die Zuständigkeiten der staatlichen und bundesstaatlichen Gerichte überschneiden sich dabei teilweise, was die Rechtslage zusätzlich komplex macht.
Geschworenenverfahren
Nicht jeder Rechtsstreit in den USA wird vor einer Jury verhandelt, doch laut US-Verfassung haben Beklagte grundsätzlich das Recht auf ein Geschworenenverfahren.
In einem solchen Verfahren obliegt die Feststellung der relevanten Tatsachen der Jury als „Factfinder“, während der Richter über die rechtlichen Fragen entscheidet.
Kläger und Beklagter können in einem Zivilprozess einvernehmlich auf ein Juryverfahren verzichten (Bench Trial) oder dieses ausdrücklich ausschließen – etwa durch eine Waiver of Jury Trial.
Ein Beispiel: Einer US-Tochtergesellschaft eines niederländischen Unternehmens gelang es, ein Geschworenenverfahren mit einer ehemaligen Mitarbeiterin zu vermeiden, obwohl dieser grundsätzlich ein solches Verfahren zugestanden hätte. Die Mitarbeiterin hatte im Rahmen ihres Arbeitsvertrags eine Waiver of Jury Trial unterzeichnet – und damit auf ihr Recht auf ein Juryverfahren verzichtet.
Schiedsverfahren
In den USA können Parteien vereinbaren, dass ein Schiedsgericht – anstelle eines ordentlichen Gerichts – über ihren Rechtsstreit entscheidet.
Der Schiedsspruch ist bindend und kann bei einem staatlichen Gericht wie ein reguläres Urteil zur Vollstreckung eingereicht werden.
So konnte beispielsweise eine US-Tochtergesellschaft eines deutschen Unternehmens eine Schiedsklausel gegen einen amerikanischen Geschäftspartner in ländlichen Regionen von Texas durchsetzen – um lokaler Voreingenommenheit vorzubeugen und mehr Kontrolle über den Verfahrensablauf zu behalten.
Schiedsverfahren sind eine Form der Streitbeilegung außerhalb der klassischen Gerichtsbarkeit.
Die Parteien legen ihren Fall einem neutralen Dritten – dem Schiedsrichter – vor, der eine verbindliche Entscheidung trifft. Diese Methode bietet oft mehr Vertraulichkeit, Zeitersparnis und Flexibilität als ein öffentliches Gerichtsverfahren.
In den USA existieren zwei parallele Gerichtssysteme: auf Bundesebene (Federal Courts) und auf Ebene der einzelnen Bundesstaaten (State Courts).
Deutsche Unternehmen und deren US-Tochtergesellschaften bevorzugen häufig das föderale Gerichtssystem, da es als professioneller und berechenbarer gilt.
Allerdings ist dessen Zuständigkeit begrenzt: Es greift nur bei Streitwerten über 75.000 US-Dollar und wenn die Parteien in unterschiedlichen Bundesstaaten ansässig sind.
Gerade deshalb kann eine vertraglich vereinbarte Schiedsklausel eine sinnvolle und praktikablere Alternative darstellen.
Ein deutsches Unternehmen aus dem Bereich Energie- und Datenübertragungssysteme konnte erfolgreich eine Schiedsklausel in seine US-Verträge integrieren.
In einem arbeitsrechtlichen Konflikt entschied das Schiedsgericht zugunsten des Unternehmens.
Wäre der Fall vor einem Geschworenengericht verhandelt worden, hätte das Verfahren deutlich unvorhersehbarer verlaufen können – denn Jury-Mitglieder entscheiden in Arbeitsrechtsfällen häufig zugunsten von Arbeitnehmern. Zudem haben die Parteien bei der Auswahl der Jury kaum direkten Einfluss, was das Risiko zusätzlich erhöht.
Discovery
Das sogenannte „Discovery“-Verfahren ist ein zentraler Bestandteil des US-amerikanischen Prozessrechts – im deutschen Rechtssystem existiert ein vergleichbares Instrument nicht.
Es handelt sich dabei um ein umfassendes Beweisermittlungsverfahren, das vor dem eigentlichen Gerichtsprozess stattfindet. Parteien sind verpflichtet, relevante Unterlagen offenzulegen, schriftliche Fragen zu beantworten und sich auf umfangreiche Zeugenaussagen vorzubereiten.
Ein wesentlicher Bestandteil des Discovery ist die sogenannte Deposition – eine mündliche, meist stundenlange Befragung von Zeugen oder Parteien unter Eid, die protokolliert und später als Beweismittel im Prozess verwendet wird.
Wird die Pflicht zur Offenlegung verletzt oder erscheinen Zeugen mehrfach nicht zu angesetzten Depositions, können Gerichte empfindliche Sanktionen verhängen – etwa Geldstrafen oder die Nichtzulassung von Beweismaterial.
Ein deutsches Unternehmen mit einer Tochtergesellschaft in den USA konnte beispielsweise erfolgreich Sanktionen gegen eine Gegenpartei durchsetzen, die ohne triftigen Grund wiederholt eine Deposition versäumt hatte.
Uniform Foreign-Country Money Judgements Recognition Act
Ein ausländisches Urteil kann in den USA nur vollstreckt werden, wenn es zuvor von einem US-Gericht anerkannt wurde.
Gemäß dem Uniform Foreign-Country Money Judgments Recognition Act bildet ein rechtskräftiges und vollstreckbares Urteil über eine bestimmte Geldsumme die Grundlage für die Anerkennung durch ein US-Gericht.
Sobald das Urteil anerkannt ist und nicht mehr der inhaltlichen Prüfung unterliegt, kann die obsiegende Partei mit der Vollstreckung in den USA beginnen.
Ein deutsches Kreditinstitut beschritt genau diesen Weg, nachdem es vor einem deutschen Gericht ein vollstreckbares Urteil gegen US-Schuldner erwirkt hatte.
Unter Berufung auf den Uniform Foreign-Country Money Judgments Recognition Act erkannte ein Gericht im US-Bundesstaat Texas das deutsche Urteil an – und setzte es vollständig um.
“Alter Ego” und “Piercing the Corporate Veil”
In den USA riskieren ausländische Unternehmen eine vollständige Haftung, wenn sie Produkte oder Dienstleistungen über die deutsche Muttergesellschaft anbieten.
Die Muttergesellschaft kann haftbar gemacht werden, wenn die US-Tochtergesellschaft lediglich als „Hülle“ oder „Marionette“ fungiert und die Muttergesellschaft faktisch als wirtschaftlicher Akteur wahrgenommen wird.
Ob eine solche Durchgriffshaftung (Piercing the Corporate Veil) vorliegt, entscheidet sich auf Grundlage einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls.
Zu den typischen Risikofaktoren zählen: die umfassende Kontrolle der US-Tochter durch die Muttergesellschaft, personelle Überschneidungen sowie eine gemeinsame oder zentral geführte Buchhaltung.
Wer dies ignoriert, riskiert empfindliche Haftungsansprüche in den Vereinigten Staaten.
Gerichtstandsklausel
Eine Gerichtsstandsklausel, die das Recht eines bestimmten US-Bundesstaates vorsieht, muss in einem sachlichen Zusammenhang mit dem betreffenden Vertrag stehen.
Das gewählte Recht sollte sich z. B. auf den Ort beziehen, an dem die Vertragserfüllung stattfindet oder an dem die Parteien ansässig sind.
Dennoch sollten Unternehmen stets prüfen, ob das gewählte Bundesstaatsrecht inhaltlich vorteilhaft ist – insbesondere im Hinblick auf mögliche künftige Rechtsstreitigkeiten.
In einem Fall bezog sich die Gerichtsstandsklausel im Vertrag zwischen den US-Tochtergesellschaften zweier deutscher Unternehmen auf das Recht des Bundesstaates Nevada.
Beide Tochterfirmen waren jedoch nach dem Recht von Delaware gegründet worden und hatten ihren Sitz in Texas.
Das texanische Gericht entschied, dass in diesem Fall das texanische Recht Anwendung findet – und nicht das vereinbarte Recht aus Nevada.
Bestraffende schadevergoedingen
Het Amerikaanse recht legt bij contractbreuk in principe de nadruk op compensatie door schadevergoeding. Naast de monetaire schade veroorzaakt door contractbreuk (General Damages) en de schade die voorzienbaar was op het moment van contract sluiting (Consequential Damages), kunnen ook bestraffende schadevergoedingen worden geëist wanneer het gaat om meer dan alleen het schenden van het contract, maar wanneer er sprake is van schokkend gedrag. Deze vergoedingen zijn bedoeld om het gedrag te bestraffen en herhaling te voorkomen. Een bedrijf claimde deze vergoeding tegen het bedrijf dat het aangrenzende landgoed bezat. Het aangelegde kunstmatige meer van het buurbedrijf had over meerdere jaren heen grote schade toegebracht aan de bedrijfscampus door ongebruikelijke waterstroming. Het bedrijf had recht op een ‘bestraffende schadevergoeding’, omdat de buren bewust de situatie hadden genegeerd en niet hadden beëindigd.
American Rule
Volgens de Amerikaanse regel moet elke partij in een Amerikaans juridisch geschil haar eigen juridische kosten dragen. Eisers kunnen echter ook een succes vergoeding (Contingency Fee) overeenkomen (meestal tussen 30% en 40% van de toegekende som). Bovendien kan de “American Rule” contractueel worden omzeild met een “Prevailing Party Attorneys’ Fees Provision”. Hierdoor moet de verliezende partij alle kosten van het juridische geschil dragen. Gerechtskosten zijn onafhankelijk van de waarde van het geschil en worden forfaitair per aanklacht aangerekend. Door te verwijzen naar een “Prevailing Party Attorneys’ Fees Provision” in het contract met de klant, kon de Amerikaanse dochteronderneming van een Nederlands bedrijf ook 100% van de juridische kosten veiligstellen als onderdeel van een schikking. Het verhandelen van zaken tussen landen en verschillende rechtsstelsels is altijd een uitdaging. Echter, met de juiste juridische ondersteuning en kennis van cruciale factoren zoals hierboven vermeld, kun jij je internationale bedrijfsplannen met succes volvoeren.
Dieser Gastbeitrag wurde verfasst von Manny P. Schoenhuber. Er ist als Rechtsanwalt bei Jackson Walker LLP in Houston tätig.
Sie können ihn gerne unter mschoenhuber@jw.com kontaktieren oder die Website www.jw.com besuchen.
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